- Keine gesetzliche Mindestarbeitszeit pro Tag. Das ArbZG setzt Höchstgrenzen, keine Mindeststunden pro Tag/Woche. Pausen und Ruhezeiten sind vorgegeben.
- „3‑Stunden‑Regel“ gilt nicht allgemein, sondern nur bei Arbeit auf Abruf und nur, wenn die tägliche Dauer nicht festgelegt ist.
- Minijob & Midijob: Schwellen sind Einkommens‑, keine Stunden‑Grenzen (2025: Minijob bis 556 €/Monat; Midijob 556,01–2.000 €). Stunden ergeben sich aus Mindestlohn 12,82 €.
Rund um die Mindestarbeitszeit kursieren in deutschen Unternehmen hartnäckige Mythen, die nicht nur für Verwirrung sorgen, sondern auch zu empfindlichen Bußgeldern, kostspieligen Nachzahlungen und arbeitsrechtlichen Konflikten führen können. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wird Unwissenheit über die tatsächlichen gesetzlichen Regelungen schnell zur Kostenfalle.
Mindestarbeitszeit: Was regelt das Arbeitszeitgesetz?
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) legt fest, wie lange Arbeitnehmende maximal arbeiten dürfen – nicht wie wenig. Die Grundregel besagt: 8 Stunden pro Werktag sind die Obergrenze. Diese kann auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten ein Ausgleich erfolgt, sodass im Durchschnitt 8 Stunden pro Werktag nicht überschritten werden.
Das Arbeitszeitgesetz erlaubt maximal 48 Stunden pro Woche. Da das Gesetz den Samstag als Werktag definiert, sind theoretisch 6 × 8 Stunden möglich. In der Praxis arbeiten die meisten KMUs jedoch mit einer 5-Tage-Woche (Mo-Fr) und 40-Stunden-Vollzeitstellen.
Mindestarbeitszeit: Was kostet ein Verstoß gegen ArbZG?
Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz können mit Bußgeldern bis zu 30.000 Euro pro Fall geahndet werden (§ 22 ArbZG). Die konkrete Höhe liegt im Ermessen der zuständigen Aufsichtsbehörde und orientiert sich an der Schwere des Verstoßes.
Welche Beschäftigungsformen gibt es?
Vollzeitbeschäftigung bedeutet in der Regel eine 40-Stunden-Woche. Vollzeitbeschäftigte in Deutschland arbeiteten 2024 durchschnittlich 40,2 Stunden pro Woche und lagen damit nur knapp unter dem EU-Durchschnitt von 40,3 Wochenstunden.
Teilzeitbeschäftigt ist, wer eine kürzere regelmäßige Wochenarbeitszeit hat als die betriebliche Regelarbeitszeit für Vollzeitkräfte. Entscheidend: Teilzeitbeschäftigte haben grundsätzlich Anspruch auf dieselben Leistungen wie Vollzeitbeschäftigte – anteilig zur Arbeitszeit.
Minijobs (Geringfügige Beschäftigung) sind auf maximal 556 Euro monatlich begrenzt (Stand 2025). Die monatliche Entgeltgrenze orientiert sich an maximal 43,37 Stunden bei einem Mindestlohn von 12,82 Euro pro Stunde. Steigt der Mindestlohn, steigt automatisch auch die Entgeltgrenze.
Midijobs (Übergangsbereich) liegen seit 2025 zwischen 556,01 Euro und 2.000 Euro monatlich. Im Gegensatz zu Minijobs sind Midijobber:innen sozialversicherungspflichtig und werden bei ihrer Krankenkasse angemeldet, nicht bei der Minijob-Zentrale.
Werkverträge sind keine Arbeitsverträge. Die Werkunternehmer sind zur Herstellung eines bestimmten Werkes verpflichtet, nicht zur Arbeit als solcher. Sie arbeiten selbstständig, ohne Weisungsbindung und mit eigenem unternehmerischen Risiko.
Die 5 Irrtümer zur Mindestarbeitszeit
Irrtum 1: „Es gibt eine gesetzliche Mindestarbeitszeit pro Tag“
Falsch. Das Arbeitszeitgesetz kennt keine tägliche Mindestarbeitszeit. Es regelt ausschließlich Höchstgrenzen zum Schutz der Arbeitnehmenden. Die tägliche Arbeitszeit ergibt sich aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag.
Irrtum 2: „Die 3-Stunden-Regel gilt immer“
Teilweise richtig. Die 3-Stunden-Regel gilt nur bei Abrufarbeit ohne vertragliche Regelung. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG muss der oder die Arbeitgebende die Arbeitsleistung für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch nehmen, wenn die tägliche Arbeitszeit nicht festgelegt ist. Diese Regel kann jedoch vertraglich unterschritten werden – zum Beispiel auf 2 Stunden pro Einsatztag.
Irrtum 3: „Ohne Arbeitsvertrag gelten automatisch 40 Stunden“
Falsch. Bei Abrufarbeit ohne wöchentliche Arbeitszeitvereinbarung gelten gesetzlich 20 Stunden pro Woche als vereinbart. Diese Regelung schützt Arbeitnehmende vor Unsicherheit und sichert ihnen eine Mindestbeschäftigung zu. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte am 18. Oktober 2023 (Az. 5 AZR 22/23): Auch jahrelang andere Handhabung ändert nichts an dieser gesetzlichen Regelung.
Irrtum 4: „Minijobber:innen können beliebig wenig arbeiten“
Falsch. Auch für Minijobber:innen gelten die allgemeinen Regelungen zur Abrufarbeit. Ohne vertragliche Vereinbarung über die wöchentliche Arbeitszeit gelten ebenfalls 20 Stunden als vereinbart. Der sogenannte „Phantomlohn“ für diese 20 Stunden muss bezahlt werden, auch wenn tatsächlich weniger gearbeitet wird.
Irrtum 5: „Werkverträge umgehen Arbeitszeitregeln“
Gefährlich. Bei Scheinselbständigkeit gelten alle arbeitsrechtlichen Regelungen rückwirkend. Entscheidend ist nicht der Vertragstitel, sondern die tatsächliche Ausgestaltung: Wer Weisungen befolgt, in den Betrieb eingegliedert ist und kein unternehmerisches Risiko trägt, ist Arbeitnehmende:r – mit allen Konsequenzen.
Branchenspezifische Herausforderungen bei Mindestarbeitszeit
Produktionsbetriebe
Schichtarbeit bringt besondere Anforderungen mit sich: Arbeitszeiten müssen lückenlos dokumentiert werden, besonders bei Nachtschicht und Wochenendarbeit. Moderne Zeiterfassungssysteme für Produktionsbetriebe sollten verschiedene Schichtmodelle (2-, 3-, 4- oder 5-Schichtsystem) abbilden können.
Wichtig bei Schichtarbeit: Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit müssen vollständig dokumentiert und ordnungsgemäß vergütet werden.
Dienstleister mit Projektarbeit
Projektbasierte Arbeit erfordert flexible Zeiterfassung mit Zuordnung zu Kunden und Projekten. Auch im Homeoffice müssen Arbeitszeiten genauso systematisch erfasst werden wie im Büro.
Kritische Punkte:
- Überstunden bei Projektdeadlines müssen dokumentiert werden.
- Dienstlich veranlasste Reisezeiten können als Arbeitszeit gelten und müssen entsprechend erfasst werden – insbesondere, wenn Arbeitnehmende nicht frei über die Zeit verfügen können.
- Homeoffice-Zeiten unterliegen denselben Dokumentationspflichten.
Handel und Einzelhandel
Minijobs sind im Handel besonders verbreitet. Der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in NRW sieht eine Mindestarbeitszeit von 4 Stunden pro Tag vor. Ohne entsprechende tarifvertragliche Regelung greifen jedoch die gesetzlichen 20-Stunden-Regeln.
Risiken hier:
- Viele unklare Arbeitsverträge bei Aushilfen
- Häufige Überschreitung der 556-Euro-Grenze bei Minijobs
- Unzureichende Dokumentation bei flexiblen Arbeitszeiten
Fallbeispiele aus der Praxis
Fall 1: Abrufarbeit in der Gastronomie
Situation: Die Restaurantbesitzerin stellt eine Aushilfskraft ohne wöchentliche Stundenfestlegung ein. Tatsächlich arbeitet diese nur acht Stunden pro Woche.
Rechtliche Folge: Ohne vertragliche Regelung gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche als vereinbart. Daraus ergibt sich ein signifikanter Nachzahlungsanspruch über mehrere Jahre – hinzu kommen womöglich weitere Kosten, wie zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträge.
venabo-Lösung: Die Zeiterfassungssoftware erkennt unklare Vertragsregelungen direkt und hilft Ihnen, verbindliche Mindest- und Höchstarbeitszeiten zu vereinbaren, um Nachzahlungen zu vermeiden.
Fall 2: IT-Unternehmen mit Homeoffice-Mitarbeitenden
Situation: Ein:e Programmierer:in arbeitet im Homeoffice mit „flexiblen Zeiten“. Es erfolgt keine systematische Zeiterfassung.
Risiko: Bei einem Rechtsstreit um Überstunden fehlen dem Unternehmen belastbare Nachweise. Zudem kann die Aufsichtsbehörde Bußgelder verhängen – bis zu 30.000 € pro Verstoß – und es drohen Nachzahlungen für nicht belegte Arbeitszeiten.
venabo-Lösung: Die Cloud-basierte Zeiterfassung ermöglicht lückenlose Dokumentation im Homeoffice mit automatischer Pausenregelung und Überstunden-Monitoring. So sind Sie im Streitfall abgesichert und vermeiden Bußgelder sowie Nachzahlungen.
Fall 3: Logistikunternehmen mit Schein-Werkverträgen
Situation: 5 ehemalige LKW-Fahrer:innen arbeiten als „Selbstständige“ mit Firmenfahrzeugen nach Dienstplan.
Risiko: Wenn die Sozialversicherungsträger eine Scheinselbständigkeit feststellen, werden rückwirkend Beitragsnachforderungen erhoben – häufig für bis zu vier Jahre. Hinzu kommen Bußgelder und mögliche Strafverfahren wegen Sozialversicherungsbetrugs.
venabo-Lösung: venabo hilft dabei, echte Werkverträge von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen zu unterscheiden und dokumentiert selbstständige Einsätze transparent. So minimieren Sie das Risiko nachträglicher Beitragsforderungen.
Handlungsempfehlungen
Sofort umsetzbar
- Arbeitsverträge prüfen: Alle Verträge ohne klare Wochenstunden-Regelung identifizieren
- Minijobs überprüfen: Arbeitet Ihre Belegschaft tatsächlich nur 43,37 Stunden/Monat?
- Werkverträge bewerten: Echte Selbständigkeit oder Scheinselbständigkeit?
- Vorhandene Zeiterfassung prüfen: Werden alle Arbeitszeiten lückenlos dokumentiert
Kurzfristige Umsetzung
- Vertragsvorlagen überarbeiten: Mindest- und Höchstarbeitszeiten definieren
- Führungskräfte schulen: Rechtliche Grundlagen vermitteln
- Zeiterfassungssystem implementieren: Digitale, mobile und vor allem rechtssichere Lösung einführen
- Compliance-System etablieren: Regelmäßige Überprüfung der Arbeitsverträge
Langfristige Strategie
- Digitalisierung vorantreiben: Moderne Personalsysteme implementieren
- Regelmäßige Audits: Vierteljährliche Überprüfung kritischer Bereiche
- Rechtliche Beratung: Bei Unsicherheiten professionelle Hilfe einholen
- Mitarbeitende einbeziehen: Transparente Kommunikation über Arbeitszeitregeln
Moderne Zeiterfassung als Investition in die Rechtssicherheit
Arbeitszeiterfassung bleibt Pflicht: Seit dem BAG-Urteil vom September 2022 (13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21) müssen Arbeitgebende die gesamte Arbeitszeit erfassen. Dies umfasst Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit. Besonders relevant: Überstunden, Mehrarbeit und Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen müssen lückenlos dokumentiert werden.
venabo-Zeiterfassung unterstützt die KMU dabei, diese Pflicht effizient und rechtssicher zu erfüllen:
- Anzeige von kritischen Arbeitszeitsituationen in Ihrem Unternehmen
- Branchenspezifische Vorlagen für Produktionsbetriebe, Dienstleister & Co.
- Nahtlose Integration in zahlreiche bestehende Lohn- und Personalsysteme
- Homeoffice-Kompatibilität für hybride Arbeitszeitmodelle
- Rechtssichere Dokumentation für Behördenprüfungen
Ausblick Mindestarbeitszeit: Geplante Gesetzesänderungen 2026
Die nach dem Koalitionsvertrag 2025 geplante Reform des Arbeitszeitgesetzes könnte mehr Flexibilität bringen (Koalitionsvertrag, Rz. 557): Statt der täglichen Höchstarbeitszeit von 8-10 Stunden soll eine wöchentliche Obergrenze von 48 Stunden treten. Diese Änderung würde Unternehmen mehr Spielraum bei der Arbeitszeitverteilung geben, ohne die Gesundheitsschutzaspekte aufzugeben.
Zeiterfassung wird noch wichtiger: Auch nach der geplanten Reform müssen Arbeitszeiten vollständig dokumentiert werden. Moderne digitale Lösungen werden dabei unverzichtbar, um komplexere Arbeitszeitmodelle rechtskonform abzubilden.
Fazit: keine gesetzliche Mindestarbeitszeit
Das deutsche Arbeitsrecht kennt keine allgemeine gesetzliche Mindestarbeitszeit. Stattdessen regelt es Höchstgrenzen und gibt bei unklaren Vereinbarungen Auffangregeln vor. Die Investition in klare vertragliche Regelungen und moderne Zeiterfassungssysteme zahlt sich durch Rechtssicherheit, effiziente Prozesse und zufriedene Mitarbeitende aus. Unternehmen, die diese Grundlagen beherzigen, sind für die Zukunft der Arbeitswelt sowie das New Work gerüstet.
Nein, das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt keine Mindestarbeitszeit. Es legt ausschließlich Höchstarbeitszeiten fest: maximal 8 Stunden täglich und 48 Stunden wöchentlich. Die tägliche Mindestarbeitszeit ergibt sich aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag, nicht aus dem Gesetz.
Bei Abrufarbeit ohne vertragliche Stundenvereinbarung gelten automatisch 20 Wochenstunden als vereinbart. Diese Regelung nach § 12 TzBfG schützt Arbeitnehmende vor Unsicherheit. Der Arbeitgeber muss diese 20 Stunden bezahlen (sogenannter "Phantomlohn"), auch wenn tatsächlich weniger gearbeitet wird.
Für Minijobber:innen gibt es keine gesetzliche Mindestarbeitszeit. Allerdings sind sie auf maximal 556 Euro monatlich (2025) begrenzt, was bei einem Mindestlohn von 12,82 Euro etwa 43,37 Stunden pro Monat entspricht. Ohne vertragliche Stundenregelung gelten auch hier die 20 Wochenstunden als vereinbart.
Ja, seit dem BAG-Urteil vom September 2022 müssen Arbeitgeber die gesamte Arbeitszeit erfassen. Dies umfasst:
- Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit
- Überstunden und Pausen
- Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen
Die Art der Erfassung (Stechuhr, App, Software) bleibt dem Arbeitgeber überlassen. Wichtig: Die Zeiterfassung muss systematisch und lückenlos erfolgen.
Nein, die 3-Stunden-Regel gilt nur bei Abrufarbeit ohne vertragliche Tagesregelung. Nach § 12 TzBfG muss die Arbeitsleistung für mindestens 3 zusammenhängende Stunden abgerufen werden, wenn die tägliche Arbeitszeit nicht festgelegt ist. Diese Regel kann jedoch vertraglich unterschritten werden – beispielsweise auf 2 Stunden pro Einsatztag.
Entscheidend ist die tatsächliche Ausgestaltung, nicht der Vertragstitel:
Werkvertrag (echte Selbständigkeit):
- Eigenverantwortliche Arbeitsorganisation
- Keine Weisungsbindung
- Eigene Betriebsmittel
- Unternehmerisches Risiko
Arbeitsvertrag (auch bei "Werkvertrag"-Titel):
- Weisungsgebundenheit
- Integration in Betriebsorganisation
- Nutzung von Arbeitsmitteln des Auftraggebers
- Kein unternehmerisches Risiko
Bei Unklarheiten sollten Sie ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen.
Bei fehlender schriftlicher Arbeitszeitregelung greifen die gesetzlichen Auffangregeln:
- 20 Wochenstunden gelten als vereinbart (§ 12 TzBfG)
- Der Arbeitgeber muss diese Stunden bezahlen, auch bei geringerer Arbeitsleistung
- Bei Minijobs: Nachzahlungsrisiko für "Phantomlohn"
- Empfehlung: Immer schriftliche Mindest- und Höchstarbeitszeiten vereinbaren
Einzelhandel: Manteltarifverträge sehen oft 4 Stunden Mindesteinsatz pro Tag vor
Produktion: Schichtarbeit erfordert besondere Zeiterfassung mit Zuschlägen für Nacht- und Wochenendarbeit
Dienstleister: Projektarbeit und Homeoffice unterliegen denselben Erfassungspflichten wie Büroarbeit
Wichtig: Tarifvertragliche Regelungen können von den gesetzlichen Grundlagen abweichen und sind vorrangig zu beachten.
Quellen
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